Die Entstehung einer XXXL-Maxikarte
von Newprint | 09. Juli 2020
Die Entstehung einer XXXL-Maxikarte
Die Anfrage vom Kunden war eigentlich ganz einfach: Klappkarte, 4 Seiten, Druck 1/2-farbig mit Sonderfarbe HKS 13, 350g/m² Chromokarton, schneiden, rillen, falten und kuvertieren in geeignete Umschläge, etikettieren und anschließender Versand. Kein Problem, das ist unser tägliches Geschäft! Dachten wir. Aber da war noch die Formatangabe: geschlossen: DIN A2, offen: DIN A1. Sicher ein Schreibfehler. Wir riefen beim Kunden an, ob er wisse, wie groß DIN A1 ist? 59,4 x 84,1 cm! Er wusste es.
Die Planung
Es gibt wohl nur wenige Druckereien, die jemals eine Postkarte in diesem Format produziert haben, wenige die das überhaupt können. Aber es ist ja immer eine Herausforderung für uns, Ungewöhnliches möglich zu machen. Zunächst musste der gesamte Produktionsprozess durchdacht werden, um festzustellen, ob es womöglich unüberwindbare Hürden gibt, die sich aus dem Format der Karte ergeben würden. Die Druckmaschine kann das Format… Es ist übliche Bogengröße, kein Problem also. Ebenso der Stapelschneider. Aber eine Klappkarte muss ja noch gerillt werden, damit der Rücken nicht bricht…!
Die Hürde
Rillmaschinen sind üblicherweise nicht für Bogenmaße ausgelegt, da die Drucksachen immer zuerst auf Endformat geschnitten werden, bevor man sie rillt. Droht also unser Projekt an einer einfachen Rille zu scheitern? Wir überlegen zu nuten, statt zu rillen. (Eine Nut ist ein Einschnitt in das Material, der mit einem Messer gemacht wird, eine Rille hingegen ist eine geprägte Linie). Aus technischen Gründen verwerfen wir die Option wieder. Schließlich die rettende Idee: Wir haben im Keller noch eine historische Handrillmaschine: Gusseisen, wiegt eine halbe Tonne, Hersteller Maschinenbauanstalt Karl Krause Leipzig, Baujahr ca. 1910! Ein Museumsstück eigentlich. Aber so etwas geht ja nicht kaputt. Rillbreite: 60 cm. Die Karte ist 59,4 cm.
Die Durchführung
Was für die Kollegen 1910 Alltag war, müssen wir manchmal erst wieder lernen: Hand- und Fußarbeit! Zunächst muss jede Karte einzeln(!) sehr vorsichtig in die Maschine geschoben und ausgerichtet werden. Und weil Maschinen 1910 nicht elektrisch waren, braucht es dann einen kräftigen Tritt auf das Fußpedal, damit eine gleichmäßige Rille entsteht. Und dann? Gibt es eine Faltmaschine für 350g Karton im Format DIN A1? Nein. Jede Karte muss also im nächsten Schritt noch einzeln manuell zugeklappt werden. Bei 1.000 Karten dieses Formats ist auch das ein nicht zu unterschätzender Aufwand.
Die Kuvertierung
Noch ein weiteres Problem galt es zu lösen: die Kuvertierung. Es gibt auf dem Markt praktisch keine Umschläge im Format DIN C2. Es gibt nur Kalenderverpackungen mit einer technischen Füllhöhe von 10mm. Das wäre zu viel Volumen für eine „einfache“ Klappkarte. Abgesehen davon, hätten 1.000 Sendungen dann einen 10 Meter hohen Stapel ergeben… Schließlich fanden wir einen Lieferanten, der Versandtaschen im fraglichen Format anbieten konnte. Die notwendige Menge musste aus mehreren Lagern in Deutschland zusammengezogen werden, weil das Produkt so selten gefragt ist, dass es nirgendwo einen größeren Bestand gab. Die Kuvertierung selbst war natürlich wieder… Handarbeit! Keine Kuvertiermaschine kann das, kein Lettershop, kein Mailingcenter, kein Versanddienstleister hat Geräte dafür. Aber wir hatten genügend Hände…
Unser Fazit
Solche außergewöhnlichen Aufgaben machen uns Spaß! Auch wir lernen nie aus. Und… Eigentlich ist es einfach!
Historische Informationen zur Maschinenbauanstalt Karl Krause